Dienstag, 4. September 2007

Arbeitssuchende können viel denken....über die Wirtschaft vor allem!

Hallo, Ihr lieben Arbeitssuchenden..................ich umarme Euch, ich liiiiebe Euch!

Weil ich und wahrscheinlich auch Ihr alle, somit wir, derzeit verflixt viel Zeit haben, können wir unglaublich intensiv nachdenken. Das schadet uns nicht, also kein Jammern! So grübeln wohl recht viele nun über Gott und unsere Traumen, über den Sinn des Lebens und, falls uns das Spaß machen sollte, auch über die Ursachen, welche dazu geführt haben, dass wir uns jetzt nicht mehr im Innenkreis, also im Wirtschaftsgeschehen, sondern im schnöden Außenkreis befinden. Quasi wohnen wir derzeit nicht auf der Erde, sondern im Außenkreis des Saturns!

Na ja, im Kreislauf des Wirtschaftslebens spuckt es heutzutage so manche qualitativ einwandfreien und moralisch bestens ausgestatteten Leute raus. Ja, ich habe auch über die näheren oder weiteren Ursachen nachgedacht und bin tatsächlich darauf gekommen, weshalb das so ist! Die Lösung liegt nun auf der Hand! Edelmütig wie ich doch immer noch bin, lasse ich die ganze Welt an meinen Erkenntnissen teilhaben.

Es ist wegen der Fliehgeschwindigkeit oder besser gesagt, für die Physiker unter Ihnen, der Fliehkraft! Man rotiert und rotiert.......na ja, auf eimal hebt man ab, die Rotierung war zu schnell, man selbst offensichtlich zu wenig stabil.....zu leicht.......dann stand man eben außerhalb vom Unternehmen...im Außenkreis.

Heute rate ich deshalb vorsichtshalber allen, welche sich noch mit allerletzter Kraft im Innenkreis festkrallen, zu magnetischen Schuhen. Vielleicht, es wäre durchaus anzudenken, am besten gleich bleiverstärkt. Fliegt man vielleicht nicht ganz so schnell hinaus,....wer weiß?

Die Gründe der verstärkten Fliehkraft!

Womöglich, das ist momentan erst noch eine These, aber eine hochinteressante, kann es doch durchaus sein, daß durch die ganze Umweltverschmutzung ganz unbemerkt die Erdachse um ein Promillchen verrutscht ist. So könnte das neben anderen Wirtschaftsthemen ein Mitgrund für das ganze Desaster darstellen. Die Verschiebung der Achse muß in den letzten zehn Jahren passiert sein, denn seitdem verlieren ja extrem viele die Bodenhaftung und fliegen ratzeputz raus!


Besonders die etwas älteren oder wenig ausgebildeten Mitarbeiter und..... die Manager. Diese aber meist erst, nachdem sie wieder einen Betrieb ganz super gerettet haben. Nur, mir kommt es so vor, macht es bei denen weniger Probleme, dass sie in den Außenkreis geraten, denn offensichtlich besitzen sie eine besondere Zähigkeit, welche dieses Manko wett macht und sie wieder schnell in den Innenkreis hineinsaugt.

Dort sitzen sie dann wieder eine Weile, retten den nächsten Betrieb, zwischenzeitlich verlieren etliche der neuen Mitarbeiter die Stabiliät und unterliegen der Fliehkraft, weil die Manager alles straffer gestalten. Nach dem unwahrscheinlich gesunden Gesundschrumpfen folgen dann wieder die Manager nach. Eventuell nicht nur die, sondern der ganze Betrieb.

Das stellt dann jedoch, das muß ich leider zugeben, den absolut einzigen Fehler der Manager dar! So etwas dürfte eben nicht passieren! Die filigranen Unternehmen jedoch, ich spreche nicht von den ätherischen, die sind wirklich absolute Spitze! Warum sie das sind, das erkläre ich Ihnen jetzt sofort, falls Sie geistig noch nicht so weit fortgeschritten sind, um diese Tatsache zu würdigen.

Stellen Sie sich vor, wie träge das doch früher war! Aufgeblasene Apparate überall!Irgendwie erinnerten sie mich an einen voluminösen Hefekuchen, sie standen doch sehr stoisch da.

Wo war dort Bewegung......Vitalität? Da ging man hinein, war tatsächlich davon überzeugt, daß man das auch noch am nächsten Tag tun dürfte. Das macht Menschen unflexibel! Da werden sie faul, machen murrend Überstunden, die sie auch noch bezahlt haben wollen! Trinken Kaffee außerhab der halbstündigen Mittagspause!

Heute aber, heute sind wir alle total dynamisch, absolut belastungsfähig, resistent gegen alles und jeden, haben Springerqualitäten und sind hoch motiviert. Gut, besonders um uns schleunigst einen neuen Posten zu suchen, weil wir den alten sowieso nur drei Wochen haben können. Diese Motivation aber, ist leider vergebens. Wir können gar nicht wechseln, die Unternehmen stehen auf schlanke Mitarbeiterzahlen, sie brauchen uns deshalb nicht.

Sie werden jedoch alles in allem zugeben müssen, daß sich in den letzten zehn Jahren, durch diese rasanten Umwandlungen, doch alles dramatisch verbessert hat...oder?

Nun nochmals zur Schuldfrage der Manager, dem Konkurs. Filigran hat etwas Hübsches, ätherische oder gar tuberkulös angehauchte Betriebe dagegen nicht. Wie kommt es zu diesem Fiasko? Weshalb merkt der Manager das oft erst im letzten Moment, wo es meist zu spät ist?

Wissen Sie, das ist auch recht einfach zu verstehen. Zuerst erschlankt das Unternehmen, wie ich ja schon vorhin treffend und vielleicht - bitte, verzeihen Sie mir! - etwas zu ausführlich beschrieb. Manche erscheinen dann eines Tages als Wiedergeburt von Twiggy. Ich hoffe, irgend jemand hier, kann sich noch an sie erinnern. Immerhin stamme ich selbst aus der Zeit des Jimmy Hendrix, bin folglich schon etwas gereift, wie man doch so höflich sagt und setze voraus, dass nur Menschen im Alter von minimalen, schlappen 50 Jährchen, somit in der Höhephase der Agilität, welche weit über unser 100tes Lebensjahr hinausgeht, meine Zeilen geistig nachvollziehen können.

Also weiter! Wenn ein Unternehmen so schlank wird, dieser Vorgang eventuell zu schnell gegangen ist, dann kollabiert es. Beim Unternehmen heißt das fachmännisch vorher Insolvenz und dann eben Konkurs. So, jetzt haben Sie wiederum etwas gelernt! Es kann passieren, daß der Hinausflug der Manager dazu den letzten Anstoß gibt. Es ist ja buchstäblich keiner mehr im Unternehmen, alles beinhart wegrationalisiert!

Das übersehen die Manager oft! Sie schreiten durch das Tor, sehen einen Portier sitzen, der sie ehrerbietig grüßt. Dann schlendern sie durch die ruhigen Hallen, öffnen ihr Büro, wo eventuell die Putzfrau noch den Boden bohnert. So bemerken sie oft gar nicht zeitgerecht, dass sie den allerletzten Mitarbeiter schon am Vortag wegrationalisiert haben. Tja, vielleicht sitzt irgendwo doch noch so ein kleiner Direktor relativ unnötig, da unbeschäftigt herum. Aber, das reißt das Unternehmen leider auch nicht mehr heraus.

Gut, die Putzfrauen bedeuten zwar keinen riesigen Wirtschaftsfaktor,deshab sind sie meist noch da, wenn alle anderen schon fehlen. Doch mit Putzfrauen allein und eventuell einem alteingesessenen Pförtner ........ wenn es hoch her geht vielleicht auch noch einem Restdirektor, dem letzten von acht, lässt sich der Zusammenbruch nicht mehr aufhalten. Ein wahrer Teufelskreis!

Da heute ja mehr Leute im Außenkreis dahingleiten, als im Innenkreis wie die Wilden zu schuften, wenden wir uns jetzt einem neuen Thema zu.

Was machen die Außenkreisbewohner so den ganzen lieben Tag?

Zuerst stehen die Rausflieger da, gucken dumm und stellen sich im Laufe der Zeit so manche Sinnesfrage. Wo komme ich her? Meist innerhalb von ca. einem Monat, in der Abgeschiedenheit der Arbeitslose, locker zu lösen! Wahrscheinlich vom Bus oder Zug......ein Auto ist nicht billig, es ist eben, leider, teuer!

Dann kommt gleich die zweite dringliche Frage, die alle quält!
Wo gehe ich hin?
Gehe ich schon wieder zu einer Bewerbung,......das etwa auch noch als Bewerber(in), damit man mich dort gnädigst nimm?
Vor allem,.......welcher Vollidiot sitzt da schon wieder drin? Bitte, diesen Ausdruck jetzt nicht ganz tierisch ernst nehmen, ich war auch bei absolut gescheiten und liebenswerten Personalentscheidern, doch reimte sich der andere Ausdruck einfach viel besser! Außerdem, bei einem kleinen Teil, stimmt er vollauf!

Sie sehen, es gibt viel zu bedenken. Man bekommt einen ganz besonderen Einblick in das Wirtschaftsgeschehen, gewinnt neue Perspektiven und gibt, meist braucht es dazu recht viel Zeit, das Bestreben in den Innenkreis gelangen zu wollen, freiwillig oder schlichtweg notgedrungen endgültig auf.

Wie es weitergeht? Oh, da kommt noch viel auf Sie zu! Wann? Kinder, dieses Jahr werde ich es vielleicht nicht mehr schaffen. Bewerbe mich gerade um einen hammerstarken Job beim Bäcker Ruez!

Hallo,

haben Sie phasenweise gelacht? Gut, dann ist fast der Hauptzweck meines Geschreibsels erfüllt! Der echte Hauptzweck ist, wie könnte es auch anders sein in unserer materialistisch angehauchten Welt, wo man nicht mehr mit Kaurimuscheln oder Eiern zahlen kann?.......daß Sie sich eventuell dazu aufschwingen, mein in ungefähr vier Wochen erscheinendes E-book zu ordern.

Für einen recht geringen Betrag, wie gering, das überlege ich mir noch, kann man eintauchen in eine Welt der humorvollen Betrachtungen, welche erotische Themen (Kamasutra wozu?), Partnerwahl (wie Sie eindeutig erkennen, daß Sie falsch gewählt haben), Kindererziehung (wer hat meine Kinder denn nun erzogen?), Schönheitstipps(designt für die Ewigkeit), desaströse Urlaube (mit 700,- Euro durch die Welt), einige recht sinnige Gedichte alias Wilhelm Busch usw. umfassen.

Für liebevolle Eltern, welche etwas global denken und eine Vorliebe für ein Jugendbuch der etwas anderen Art (sehr humorvoll, absolut voller Action) haben, stelle ich dann auch in E-book-Form mein: "Yini und Yani" ins Netz. Hier geht es zur Abwechslung einmal um zwei häßliche Königskinder, welche dieses Manko jedoch kompensieren. Kurze Auszüge folgen in zwei Wochen, damit Sie sich darauf einstimmen können! Ideal geeignet für Kinder von 9-12 Jahren!

Sollten Sie ein Kunstfreund sein, dann schauen Sie mal zu meinen Bildern! http://kunstvision.blogspot.com/

Jedes Kommentar ist erwünscht, doch nehmen Sie bitte etwas Rücksicht auf die große Sensibilität, welche wahre Kunstbesessene nun einmal auszeichnet!

Ach, noch etwas! Bitte, biiiiitttteeeeeeeeeee, das Copyright beachten, denn alles ist nur mein geistiges Eigentum!! Also meine super Gedanken, mein herrlicher Humor........bitte, damit er mich nicht restlos verläßt, mir die Chance zu belassen, mit einem E-book endlich mal auch zu einer Knete zu kommen! Natürlich melde ich diese fulminanten Einnahmen dann prompt dem Finanzamt und auch gleich dem Arbeitsamt!

Nun wünsche ich noch einen herrlichen Tag und nicht vergessen: "Don't worry, be happy!"

1 Kommentar:

Alexander Kriegelstein hat gesagt…

Nicht mehr ganz frisch, passt aber evtl. dazu:

Und ich bin es jetzt auch


Arbeitslos, das waren immer die andern. Als ich zur Schule ging, in den Siebzigern, waren Arbeitslose diese Männer in der Zwischenkriegszeit mit Schiebermütze und einem umgehängten Schild, auf dem stand: „Ich suche Arbeit“. Andere sprangen aus dem Fenster, drüben in Amerika, damals, Wirtschaftskrise eben. Älter, wacher geworden, kamen sie näher, doch nicht nah. Es gab sie auch in meiner Welt, das wußte ich, aber sie betrafen nicht mich, machten mich nicht betroffen. Vom Traum der Vollbeschäftigung mußte man sich lösen, das war bald klar. Ein Teil der Menschen, sagen wir: fünf Prozent, muß draußen vor der Tür bleiben. Für sie wurde gesorgt, der Wohlfahrtsstaat kümmerte sich darum. Mein Gewissen litt nicht mit; schließlich, auch aus meinen Steuern wurden sie „versorgt“. Außerdem, bei aller Solidarität: es traf doch eher die, die sich halt mehr Mühe hätten geben müssen. Und wer wirklich will, der ist bald wieder an Bord. Das geht. Doch. Bei uns schon.

Irgendwann, es ist schon wieder Jahre her, hatten „wir“ erstmals seit den Fünfzigern mehr als fünf Prozent Arbeitslosigkeit. Im „Profil“, das damals gut war, schrie einer leise auf. Von einer Schande war die Rede, von einem Billigen, einem in-Kauf-Nehmen, das uns nicht gut anstünde in Anbetracht dessen, was noch auf uns zukäme. Ich nahm es zur Kenntnis. Ich verdiente gut. Ich konnte mich nicht um alles kümmern. Vor drei, vier Jahren stand ich mit einem Freund am Leopoldsberg und blickte auf Wien. Er war im Begriff, nach New York zu gehen. „Es wird kalt werden hier.“, sagte er. „Zieh´ dich warm an!“. Da wußte ich´s schon. Da war schon klar: wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Da war schon Allgemeingut geworden, daß jemand über 45 nicht mehr zu suchen brauchte. Und wehe denen, die ohne Ausbildung, lasciate ogni speranza oder nehmt was ihr kriegt.

Mittlerweile war ich in der Lage, Menschen zu beschäftigen, wie man so sagt. Ich merkte, daß die Bewerbungen mehr, die Ansprüche weniger wurden. Dann, vor einem Jahr, erwischte es einen meiner Freunde. Ihm konnte ich nicht helfen, ich hätte gar nicht gewagt, ihm ein Angebot zu machen, so gut zahlte das Unternehmen nicht, für das ich tätig war, aber um einen Juristen macht man sich keine Sorgen. Anfangs lachten wir darüber, er erzählte mir, was er jetzt alles nachholen würde: Museen, Reisen, Ausspannen, dann halt einen neuen Job suchen. Er ist immer noch arbeitslos.
Und ich bin es jetzt auch.

Der erste Schock war der Esteplatz. Kennen Sie das Arbeitsmarktservice? Seit meiner Stellung zum Bundesheer hatte ich mich nicht so gedemütigt gefühlt. Das Warten in diesem niederschmetternden Saal in diesem unsäglichen Gebäude inmitten dieser abgestumpften Menschen, die dumpfe Hoffnungslosigkeit, die von all dem ausging, das war ein bißchen viel. Dann blaffte jemand meinen Namen, nur meinen Namen, laut in den Raum, als ging´s zum Exerzieren. Leonardo Sciascia hat in seinem Roman Todo Modo geschrieben: „Wenn einer, der sich für mächtig hält, in Polizeigewahrsam kommt und die Schnürsenkel der Schuhe und seinen Gürtel abgeben muß, dann bricht er zusammen, mein lieber Freund, er bricht so vollständig zusammen, wie Sie sich das gar nicht vorstellen können.“ Genau so fühlte ich mich, mit einer häßlichgrünen Pappkarte in der Hand anstatt der Schuhbänder, vor einer Dame, die mich in den zwei Minuten meiner Anwesenheit bei ihr nicht einmal ansah, und die mich nach der Aufnahme meiner Daten und, nach kurzem Innehalten bei meinem letzten Gehalt, anbellte: „Von uns kriegen Sie nie was!“ Entgeistert fand ich mich im nächsten Moment auf der Straße wieder, wie ich hinausgekommen war, weiß ich nicht mehr.

Inzwischen war ich schon öfter dort. Jetzt muß ich nicht mehr meinen Blick gesenkt halten, muß nicht mehr fast „Psssst!“ machen, wenn mein Name in den Saal gebrüllt wird. Ich habe mich daran gewöhnt. Daran, und an so manches.
Ja, ich komme dazu, Dinge zu tun, die ich noch nicht getan habe. Ich sehe zum Beispiel fern, tagsüber. Sagt Ihnen „Reich und schön“ etwas? Oder „California Clan“? Das sind offensichtlich unendliche Serien, die im Nachmittagsprogramm des Österreichischen Fernsehens geboten werden. Wahrscheinlich sehen viele von denen, die tagsüber viel Zeit haben, diese Sendungen. Also Pensionisten und Arbeitslose. Es ist ein großes Wunder, daß nicht täglich Fußgänger von aus dem Fenster springenden Pensionisten und Arbeitslosen erschlagen werden.
Oder ich höre Radio, und nicht Ö1. Im Büro hatte ich mir diese Berieselung durch Unterhaltungssendungen nie gegönnt. Nun gerate ich in masochistischen Anwandlungen immer wieder in Sendungen, in denen Hörer aufgerufen sind, doch bitte anzurufen und ihre Meinung zu einem bestimmten Thema zum Besten zu geben. Bitte: ich kann ja auch jede Menge nicht. Ich kann zum Beispiel nicht gut ein Pferd zeichnen. Aber ich setze mich auch nicht mit einer Staffelei auf den Stephansplatz und lasse viele fremde Menschen mir dabei zusehen, wie ich ein Pferd nicht zeichnen kann. Warum rufen dann Menschen einen ihnen unbekannten völlig desinteressierten Radiosprecher an, um ihre Meinung zum Thema „Kotzen Sie Ihrem Nachbarn nächtens häufig auf die Fußmatte?“ in Sätzen zu artikulieren, die sekundäres Analphabetentum evident machen? Ich nenne diese Anrufer die „Undzwars“. Es ist wirklich und wahrhaftig so: jeder zweite beginnt seine akustische Entgleisung mit „Und zwar, ...“. „Und zwar, es is nämlich so, oiso i glaub´ net, daß -“ Warum rufen die an? In zwei, drei Sätzen kann man doch zu nichts Stellung nehmen. Und wenn man nicht gut reden kann, kann man sich sowieso verbal nur lächerlich machen. Damit man „auf Sendung“ war? Damit viele viele fremde und ein paar bekannte Menschen hören, daß man nicht frei zu sprechen vermag? Lauter Wunder.
Oder sehen Sie sich die Zuschauer in den sogenannten Talk-Shows an. Oder als betrunkene Horden im Musikantenstadl.
Wann war das, daß die Medien den Menschen ihre Würde genommen haben?
Damals, als man seine Würde über seine Arbeit zu definieren begann?

Früher hab´ ich von Menschen gelesen, die, arbeitslos geworden, morgens ihr Heim verlassen und erst abends, zur üblichen Zeit, wiederkehren. Wegen der Nachbarn. Das stand auf meiner Hitliste der Lächerlichkeiten ganz oben. Heute versteh´ ich sie ein bißchen. Vor meinen Nachbarn, meinen Freunden schäme ich mich nicht. Nicht sehr. Aber wahrscheinlich schämt sich heute kaum noch jemand.
Damals, als das Schämen auch schon nicht geholfen hat, war es wohl schwerer. Heute ist man nicht mehr gesellschaftlich stigmatisiert. Man hat einfach Pech gehabt. Das hilft aber auch keinem.

Wir leben in Welten nebeinander, die wieder nebeneinander liegen und sind blind. Und manchmal liegen Welten zwischen uns. Menschen verrohen und verrotten in Gefängnissen, neben denen wir wohnen, verwehen in Altersheimen wie ein Hauch vom Winter, ergeben sich Süchten und Sehn-Süchten und gehen daran zugrunde, neben uns, verkümmern in ungelüfteten Wohnungen wie vernachlässigte Zimmerpflanzen, oder werden einfach nicht mehr gebraucht. Wie wir Arbeitslosen. Leicht war´s nicht, dieses „wir“, aber jetzt ist es heraußen. Es wurde Zeit. In einem gleichen wir den AIDS-Kranken: es interessiert nur die Betroffenen wirklich.

„Wir wissens ja oft nicht, die wir im Schweren sind bis über die Knie, bis an die Brust, bis ans Kinn“, sagt Reiner Maria Rilke. „Aber sind wir denn im Leichten froh, sind wir nicht fast verlegen im Leichten? Unser Herz ist tief, aber wenn wir nicht hineingedrückt werden, gehen wir nie bis auf den Grund. Und doch, man muß auf dem Grund gewesen sein. Darum handelt sichs.“ So verabschiedete sich Axel Corti von uns, am 26. Dezember 1993. Da ging, da geht es um mehr, ich weiß, um unendlich viel mehr. Aber es bleibt ohne Arbeit gerade dafür wenig Raum. Alles ist plötzlich überschattet. Die Museen müssen warten. Alles das, was man tun wollte, „wenn man einmal viel Zeit hat“, kann man jetzt am allerwenigsten tun. Ich wollte einmal nach Santiago de Compostela gehen. Ich glaube nicht, daß meine Beraterin im Arbeitsmarktservice das gern sähe.
Ich mache auch anderes: ich lese viel, höre Musik, für die ich lange keine Muße hatte, gehe in Parks spazieren, besuche die alten Kaffeehäuser, in denen ich schon lange nicht war. Ich versuche, einer Dame mit schwarzen Haaren, einer Zigarette im Mundwinkel und einem Kameramann neben sich aus dem Weg zu gehen. In einer Sendung Elizabeth T. Spiras zu erscheinen, wäre das Ende. Noch ist es nicht so weit. Ach ja, ich suche Arbeit. Vor allem das.